FLUIDE MEDIALE
by Till Bödeker , Thomas Koester , Añu Paz , Nick Schmidt , Orson Sieverding , Jan Wagner , Sue Lèwig , Lucas Croon , Kathrin Dreckmann , Verena Meis
Opening: 25/05/2019 19:00
On view till: 31/05/2019
Interdisziplinäre Tagung des Instituts für Medien- und Kulturwissenschaft der HHU Düsseldorf und des Qualleninstituts
Veranstaltet von Dr. Kathrin Dreckmann und Dr. Verena Meis
»If I water my concepts – if I invite water to be a collaborator or an interlocutor in how I imagine, or theorize, the world – might I also treat water better? Might the concepts and theories I develop also help bring water out of the mute, passive, background to which it is too often relegated?« (Astrida Neimanis)
contributing artists...
TILL BÖDEKER
THOMAS KOESTER
AÑU PAZ
NICK SCHMIDT
ORSON SIEVERDING
JAN WAGNER
Sound by...
SUE LÈWIG
LUCAS CROON
SAMSTAG 25. MAI 2019 | STUDIO FOR ARTISTIC RESEARCH
11h Nanna Heidenreich: Why look like/for/at animals? Das Fischaugenobjektiv
11.45h Matthias Bickenbach: Feste Gründe, weiche Untergründe: Dekonstruktionen des Wissens durch fluide Metaphern und die Verhaltenslehren des Surfens
12.30h FÜHRUNG durch die Ausstellung Fluide Mediale und AUSKLANG der Tagung
19.00h OPENING + Fluide Mediale Talk mit Stephan Machac
20.30h KONZERT von SUE LÈWIG
21.30h MUSIK von LUCAS CROON
23.00h ENDE
Ob in Bezug auf Körper, Material, Bewegung, Text oder Zustand – das Fluide als genuin physikalischer Begriff für Gase und Flüssigkeiten taucht in kulturwissenschaftlichen Kontexten vorwiegend als ein mediales Phänomen auf. Die Tagung Fluide Mediale verfolgt somit das Ziel, den interdisziplinären Transformationen des Fluiden nachzugehen und das Fluide als mediale Denkfigur zu etablieren. Gefragt wird dabei insbesondere nach der Medialität, Materialität und Medienästhetik des Fluiden, um ferner das planetarische Potential des Fluiden als epistemisches Paradigma zu ermitteln.
Mit dem Begriff des Fluiden, so scheint es, ist immer auch eine Denkdimension hergestellt, die genuin ökologisch ausgerichtet ist: fließende Übergänge, verschwimmende Körper, sich auflösende Substanzen, verflüssigte Sprache. Figur und Grund als ein intraagierendes Ensemble zu betrachten, erscheint dem Fluiden aufgrund seiner Ambivalenz und Übergänglichkeit inhärent. Damit bietet es sowohl Anknüpfungspunkte als auch Reflexionsmöglichkeiten für den gegenwärtigen medienökologischen Diskurs in den Kulturwissenschaften. Fluide Mediale rücken eine bisher weniger akzentuierte Genealogie in den Fokus: Donna Haraways ‚Tentakuläre‘ oder Karen Barads ‚Amöben‘ rückverweisen gewissermaßen auf u.a. Ernst Haeckels
Betrachtungen einfachster Organismen, in deren Zuge er den Begriff der Ökologie als die „Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Außenwelt“ und dessen dynamisches Wechselverhältnis prägte.
Bedenkt man überdies die medienpädagogische Prägung des Begriffs der Medienökologie in Anlehnung an Dieter Baacke, der vier durchlässige ‚Zonen‘ – ökologisches Zentrum, ökologischer Nahraum, ökologische Ausschnitte und ökologische Peripherie – benannte, so besitzt insbesondere das Fluide das Potential, die Permeabilität, die variierenden Dimensionen der Übergänglichkeit, den fließenden oder auch stockenden Übergang zuallererst zu konstituieren und die räumliche Beschaffenheit der ineinandergreifenden Sektoren zu charakterisieren.
Und wenn u.a. Hartmut Böhme aktuell von einer „dritten Natur“ spricht und damit unweigerlich auf das postkoloniale Theorem des „Third Space“ von Homi K. Bhabha rückverweist, das dialektische Denkmuster, binäre Oppositionen zugunsten von ambivalenten, ephemeren, instabilen und wandelbaren Prozessen und Bewegungen aufzulösen sucht, setzen an dieser Stelle auch die fluiden Mediale an, die sowohl ozeanische Grenzräume im Kontext der Ocean Governance als auch den elementarischen Transfer (von gasförmig zu flüssig) denkbar machen. Dabei wäre – raum-, medien-, theater- und literaturtheoretisch – nach der ereignishaften und materiellen Konsistenz des „Dritten“ zu fragen, das mittels des Fluiden ‚erscheinen‘ bzw. ‚auftreten‘ kann, sowie nach dem dynamischen Potential der ‚contact-zone‘.
Inwieweit solche Fragestellungen nach dem ökologischen Verbunden Sein von Mensch/Tier/Pflanze/Stein und Umwelt, sofern dies die zunächst bestimmbaren Akteure sein sollen, fruchtbar sind, zeigt sich daran, dass anhand des Fluiden nicht nur Begriffsgrenzen – ein Postulat, das auch für die Medienökologie gilt – verschwimmen, sondern damit auch ein Erkenntnisgewinn zu erwarten ist, der die Fragen nach festen Begriffsaggregaten hinter sich lässt. Insbesondere der Diskurs der Ökologie in der Medienwissenschaft hat deutlich gemacht, dass das Nachdenken über Umwelten neue Denkansätze ermöglicht. Entitäten werden so verhandelbar und anders denkbar. So stellt sich die Frage nach epistemischen und (medien- )archäologischen Prozessen vollständig neu, wenn wissenschaftsgeschichtliche Fragestellungen als dynamische Denkfiguren betrachtet werden.
Die Denkfigur des Fluiden führt zu kategorialen Verunsicherungen und Uneindeutigkeiten u.a. des Organischen/Anorganischen, ozeanischer Grenzdiskurse als Machtgefüge, Mensch-Tier-Pflanze-Technik-Kollaborationen, medialer Ordnungen und ästhetischer Figurationen und setzt so die beteiligten kulturtechnischen Operationen in den Fokus des Interesses.
Darüber hinaus macht sich die Tagung zu den Fluiden Medialen zur Aufgabe, dem Fluiden ‚an sich‘ in all seinen medial-ästhetischen Nuancen nachzuspüren: sprachlich wie körperlich, räumlich wie medientechnisch, klanglich wie materialiter, und so das Fluide epistemologisch – auch über medienökologische Debatten hinaus – fruchtbar zu machen.
Die Tagung nimmt ihren Auftakt im Aquazoo Löbbecke Museum und mündet in eine öffentlichkeitswirksame Ausstellung fluid media, die die theoretischen Fluid- Diskurse ästhetisch kontextualisiert.
Text: Dr. Kathrin Dreckmann und Dr. Verena Meis
DONNERSTAG, 23. MAI 2019 | Aquazoo Löbbecke Museum Düsseldorf
13h Grußwort: Jochen Reiter, Direktor Aquazoo, Dirk Matejovski, Geschäftsführer des Instituts für Medien- und Kulturwissenschaft
13.10h Begrüßung Kathrin Dreckmann und Verena Meis, Qualleninstitut
13.30h Natascha Adamowsky: Fluide Übergänglichkeit – vom Fluss der Bilder, dem Eis der Begriffe und der Möglichkeit eines nicht feststellbaren Universums
14.15h Stefan Rieger: Fluide Interfaces
15h PAUSE
15.30h Naomie Gramlich: Klebrige Medien. Annäherung an eine Figur des Dritten
16.15h Holger Schulze: Das Sonische Liquid: Verflüssigung und Flüssigkeiten in Klangwahrnehmung und den Klangkünsten
17h PAUSE
17.15h Matthias Preuss: Flößen, Triften. Zur medientechnischen Bewältigung des Fluiden
18h Ina Bolinski: Materiality – Memory – Multispecies. Bakterien als lebendige Datenspeicher in artenübergreifenden Kollaborationen
FREITAG, 24. MAI 2019 | Aquazoo Löbbecke Museum Düsseldorf
10h Ulrike Haß: Raum der Ströme
10.45h Jörn Etzold: Das Tun des Stroms. Zu Hölderlins Gesängen
11.30h PAUSE
11.45h Maren Butte: Milieus der Übertragung. Wellenbewegungen zwischen Dynamik, Metaphorik und (Medien-)Ästhetik
12.30h Dennis Niewerth: Die Flüssigkeit des Unflüssigen. Spitzfindigkeiten zur Metaphorik digitaler Kulturen
13.15h PAUSE
14.30h Gabriele Gramelsberger: Rheologie des Medialen. Fluidität medialer Formen
15.15h Sebastian Vehlken: Plastik und Plastizität. Treibgut, Abfall und die
Modellierung von Ozeandynamiken
16h Jamileh Javidpour: Neglected Role of Jellyfish
16.45h PAUSE
17h FÜHRUNG Hinter die Kulissen des Aquazoos (exklusiv für Referent_innen!)
Mit freundlicher Unterstützung der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf e.V.