DIE FORM DES WASSERS
by Jan Wagner
Opening: 08/09/2017 19:00
On view till: 22/09/2017
SCREENING
15.9.2017 8.30pm
ALL WATCHED OVER BY MACHINES OF LOVING GRACE – THE USE AND ABUSE OF VEGETATIONAL CONCEPTS by ADAM CURTIS
FINISSAGE
22.9.2017 8.30pm
3D PANEL mit MANUEL GRAF, DAVID HAHLBROCK und JAN WAGNER
Manuel Graf, David Halbrock und Jan Wagner werden anlässlich der Ausstellung DIE FORM DES WASSERS über virtuelles Gestalten und die Prozesse der Übersetzung in die physische Welt sprechen. Alle drei benutzen 3D Animationsprogramme in ihren Arbeiten und beschäftigen sich mit künstlerischen Fragen und den Kulturtechniken die sich daran anschliessen lassen.
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DIE FORM DES WASSERS
Gaia Trilogie - Teil I
Der weitreichende Transfer digitaler Technik auf unsere Lebensverhältnisse lässt sich fortlaufend beobachten. Er verändert den realen Raum und installiert immer mehr Substitutionsmodelle - von der digitalen Währung bis hin zur Architektur in expandierenden Stadtlandschaften.
Man sieht den 3D-Geschöpfen an, woher sie kommen. Oft unsichere Repräsentationen des Digitalen, haben sie das Virtuelle der Programme in die Lebenswirklichkeit der Objekte eingeführt und damit ein neues Verhältnis zwischen Dingen und Menschen hergestellt.
Jan Wagners Arbeit beschäftigt sich mit technologischen Berührungspunkten und ihrer formatierenden Wirkung auf den Nutzer. Sie steckt im Gebrauch der digitalen Geräte, in den Datensammlungen und Profilen, den Wahrscheinlichkeiten unseres Verhaltens und den möglichen Identitäten und Beziehungen zu den kleinen und großen Anderen. Sie verschalten uns mit der Welt und erzeugen eine seltsame körperlose Nähe.
Die als Trilogie angelegte Arbeit, folgt im ersten Teil der Logik des Digitalen in seiner ganzheitlichen Orientierung und stellt Fragen nach der Position des Einzelnen, den Modi der Repräsentation und der Zugehörigkeit, wie sie in der Gaia-Hypothese zu finden sind.
Exkurs:
Die Gaia-Hypothese wurde von der Mikrobiologin Lynn Margulis und dem Chemiker, Biophysiker und Mediziner James Lovelock Mitte der 1960er-Jahre entwickelt. Sie besagt, dass die Erde und ihre Biosphäre wie ein Lebewesen betrachtet werden kann, insofern die Biosphäre (die Gesamtheit aller Organismen) Bedingungen schafft und erhält, die nicht nur Leben, sondern auch eine Evolution komplexerer Organismen ermöglichen. Die Erdoberfläche bildet demnach ein dynamisches System, das die gesamte Biosphäre durch auf menschliche Einflüsse reagierende Mechanismen stabilisiert. Diese Hypothese setzt eine bestimmte Definition von Leben voraus, wonach sich Lebewesen insbesondere durch die Fähigkeit zur Selbstorganisation auszeichnen.
Die Konjunktur der Vorstellung von der Erde als Organismus, als einem ganzen und lebendigen Superwesen, ist historisch mit der ersten Fotografie der Erde aus dem All zu bestimmen, die 1972 von der NASA veröffentlicht wurde und als Blue Marble die Ikonographie der Erde bis heute prägt.
Seitdem hat die Idee große Anschlussfähigkeit bewiesen, in der Gegenkultur der USA, der holistischen Vorstellung von Ökologie und Ökonomie sowie in der Kybernetik und in anderen Wissenschaftsdiskursen.Die noch junge Computerindustrie stellte die Werkzeuge bereit, die für das neue Weltbild ausschlaggebend waren. Sie schuf die Vorraussetzungen für die Simulation von Abläufen und lieferte erstmals dynamische Rechenmodelle, die einen Blick in die Zukunft erlaubten. Die Perspektive der Hochrechnung ist seitdem integraler Bestandteil unseres heutigen Weltbildes und bestimmt nicht zuletzt eine Gegenwart, die auf die Zukunft spekuliert.
Die Arbeit folgt dieser Vorstellung von einer optimistischen Ökologie, die den Menschen einreiht in ein System das sich selbst erhält, ohne es dabei vom Menschen abhängig zu machen. Wir, die Akteure des Anthropozäns, sind aus dieser Perspektive Teil eines sich selbst organisierenden Systems, das wir zwar maßgeblich beeinflussen, dessen Zweck es jedoch nicht ist uns zu erhalten, sondern sich selbst. Eine Computeranimation von Wassertropfen und Flächen verschränkt das Sinnbild von Leben und Fruchtbarkeit - das verbindende Element im System Erde - mit dem weltweiten Fluss der Daten und den globalen Abhängigkeiten.
Zu sehen sind einfache 3D-Animationen, wie man sie aus populärwissenschaftlichen Sendungen kennt, „motion design“ zur Klärung eines Sachverhalts. Demgegenüber steht ein assoziativer, aus Erinnerungen und Fragmenten montierter Text, der aus dem Off eingesprochen wird. Das Ganze ist eingebettet in eine Installation, die einem Zelt oder Zimmer ähnelt, einem Ort, der vor den Monitoren verschwindet.
Jan Wagner hat an der Kunstakademie Düsseldorf bei Gerhard Merz studiert und danach postgraduiert an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Er leitet die Filmwerkstatt Düsseldorf und ist Teil des Musikkollektivs Toresch mit Vicky Wehrmeister und Detlef Weinrich. Bis zum 8.10.2017 ist seine 3D-Animation “Reine Steine” in der Ausstellung “Asymmetrische Architexturen” im Kunstverein Düsseldorf zu sehen.
Text: Jan Wagner