Eine Ausstellung im Rahmen VON FREMDEN LÄNDERN IN EIGENEN STÄDTEN
In Kooperation mit MAP Markus Ambach Projekte

Am 27. Juli 2000 explodierte im Zugangsbereich des S-Bahnhofs Wehrhahn an der Düsseldorfer Ackerstraße eine Rohrbombe. 10 Personen einer Gruppe von Sprachschüler*innen wurden — teilweise lebensgefährlich — verletzt. Eine schwangere Frau verlor ihr ungeborenes Kind. Bei den Opfern handelt es sich um Zuwanderer aus Osteuropa, viele von ihnen jüdischen Glaubens. Am 25. Januar 2018 begann der Strafprozess gegen den Hauptverdächtigen Ralf S. vor dem Landgericht Düsseldorf. Ihm wird vorgeworfen den Bombenanschlag im Jahr 2000 verübt zu haben. Die Anklage geht von der Tat eines Einzelnen aus. Das Bündnis "Düsseldorf stellt sich quer!" warnt auf einer Kundgebung vor dieser These. In der Gerresheimer Straße unweit des S-Bahnhofs Wehrhahn betrieb Ralf S. einen Militaria-Laden. Er war im Viertel durch seine patrouillenartigen Rundgänge mit Hund und rassistisches Auftreten bekannt. Der Rechtsextremist und V-Mann André M. Deckname „Apollo“ arbeitet als Wachmann für S.. Der Laden fungierte auch als Treffpunkt der rechtsextremen Kameradschaft. Am 17. Mai 2018 wird der Haftbefehl gegen den Angeklagten Ralf S. aufgehoben und seine Entlassung aus der Untersuchungshaft angeordnet. Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus NRW ist weiterhin von der Schuld des Angeklagten überzeugt: „Nach den bisherigen Erkenntnisse, gehen wir weiterhin von der Täterschaft des Angeklagten aus. Der Wehrhahn-Anschlag ist ohne eine Beteiligung von Ralf S. nicht denkbar. Die Indizienkette der Staatsanwaltschaft zeichnet ein deutliches Bild“

PROGRAMM - SONNTAG 01.07.2018

16.30 Uhr
Führung von Natascha Sadr Haghighian, Maximiliane Baumgartner und Alex Wissel
Treffpunkt: Eisenstraße / Ecke Heinz-Schmöle-Straße > Worringer Platz > S-Bahnhofs Wehrhahn

18 Uhr
Filmscreening: Der Starke Ferdinand von Alexander Kluge (1975)
The clownish security chief of a West German business is obsessed with protecting his factory from fancied and real breaches, especially from groups such as The Red Army Faction. Ferdinand's paranoia and methods can't be contained by his company. The sympathetically-drawn Ferdinand's ludicrous actions recall those of the cynical, disastrous axis between fascism and big business in 1930's Europe: satire of the rise of private security.

20 Uhr
Jürgen Peters (Antirassistisches Bildungsforum) gibt eine Einführung in den Wehrhahn Anschlag und kontextualisiert den Prozess gegen Ralf S. im Düsseldorfer Landgericht. 

20.30 Uhr
Ayşe Gueleç (Initiative 6. April, Tribunal NSU-Komplex auflösen) spricht über eine feministische Perspektive auf rassistische Strukturen

21.00 Uhr 
Gespräch mit Ayşe Gueleç und Natascha Sadr Haghighian

Natascha Sadr Haghighian realisierte das künstlerische Diorama Der Schutz der Sicherheit (2018) als Teil der Ausstellung "Von fremden Ländern in eigenen Städten" in einem Laden am Worringer Platz 5. Das Diorama schafft eine Allegorie auf den Wehrhahn Anschlag und wie rechte Gewalt sich in institutionelle Strukturen einschreibt.
„Sergant Spies geht Patrouille im Viertel. Wegen der Sicherheit. Er teilt die Welt in Sicherheitszonen auf. Das ist sachdienlich und genau. Gefahrenquellen und Sicherheitslücken nicht nur aufzeigen, sondern überwinden ist sein Motto, nicht nur in der Terrorabwehr sondern schon im alltäglichen Gefahrenmanagement.
Sergant Spies hat Hilfe von Apollo. Apollo ist ein V-Mann und trägt ein Tattoo von Blood and Honour, das nur sichtbar wird wenn er seine Schläfen rasiert. V-Männer kann man nicht erkennen, ausser sie werden enttarnt. Aber das ist zu vermeiden. 
Wer was sieht und nicht sieht, wer was weiß und nicht weiß ist selbst eine Frage der Sicherheit. Ein karnevalesker Blindensturz.“

21.30 Uhr 
Release, Lesung und Gespräch von Ewa Einhorn, Karolin Meunier, Alex Wissel und Maximiliane Baumgartner zu „courtroom #3 Die vierte Wand ist aus Panzerglas“

Die neueste Ausgabe der Künstlerpublikation "courtroom" von Maximiliane Baumgartner und Alex Wissel wird vorgestellt. Die Ausgabe mit dem Titel „Die vierte Wand ist aus Panzerglas“ wurde parallel zu der Malerei-Installation „Courtroom #3“ von Maximiliane Baumgartner und Alex Wissel zusammen mit Ewa Einhorn und Karolin Meunier nach Besuchen im Wehrhahn Prozess im Landesgericht Düsseldorf erarbeitet.
Begleitend zur Malerei-Installation, die aktuell an der Eisenstraße / Ecke Heinz-Schmöle-Straße als der Teil der Ausstellung „ Von fremden Ländern in eigenen Städten“ zu sehen ist, entstand die neuste Ausgabe von „courtroom“ mit einem Text von Ewa Einhorn und Karolin Meunier, sowie einem Komplexbild von Maximiliane Baumgartner und Alex Wissel in Form eines fiktiven Karnevalzugs aus Entwürfen, Eindrücken, Protokollen, Gerichtszeichnungen, Zeug*innenaussagen und Widersprüchlichkeiten aus dem Prozessverlauf. Im Prozess angeklungene Begriffe wie „Alternative“, „Grandiosität“, „Survival“, „Fremdsein im eigenen Land“ und „Überwachung“ werden dabei in einen eigenen dramaturgischen Rahmen verarbeitet und kritisch betrachtet. Der Text dreht sich um das Gericht als performativen Ort. Es wird beobachtet, durch welche Mittel linguistische Autorität hergestellt wird. 
Über das Projekt „courtroom“: 
Den inhaltlichen Ausgangspunkt der Publikations- und Malerei-Serie von Maximiliane Baumgartner und Alex Wissel bilden Beobachtungen in Form von Zeichnungen und Textbeiträgen aus noch laufenden Gerichtsprozessen, in denen sie interessiert, wie sich rechte Gewalt in Räumen der Rechtsprechung artikuliert und einschreibt. Dabei eignen sie sich die Prozessverläufe künstlerisch als Aktionsraum an, indem sie andere Akteur*innen einladen, und gemeinsam mit ihnen über Inszenierungsformen, Bedeutungsebenen und mögliche Konsequenzen der Prozesse nachdenken. Publikation und Malerei werden darin als solidarischer Raum begriffen. So auch in der Zusammenarbeit mit Karolin Meunier und Ewa Einhorn für dies Ausgabe in Prozessbesuchen, Text und Bildrecherchen.

www.vonfremdenlaendern.de